In der zweiten Woche des Jahres habe ich eine große Anzahl der gestellten Sonderanträge abgeschlossen. Nicht so schnell wie geplant und wie von Vereinen und Landesverbänden gewünscht, aber die Tücke steckt leider wie immer im Detail.
Der Prozess rund um diese Sonderanträge ist auch recht aufwändig. Das Regelwerk sagt: „4.3.3 Bei nachgewiesenen außergewöhnlichen Umständen kann der DKV-Ressortleiter Kanu-Slalom auf schriftlichen Antrag des Vereins bei Zustimmung des zuständigen LKV-Fachwartes und des jeweiligen Bundestrainers eine Sonderregelung schaffen. Dabei kann ein Leistungsnachweis gefordert werden. Über die Anträge sollte innerhalb von vier Wochen entschieden werden. Für entsprechende Nachweise und die rechtzeitige Beantragung ist der Verein verantwortlich.“
Es ist also die Zustimmung des Landesfachwartes erforderlich. Wenn die Vereine ihre Anträge über die Landesfachwarte an den Ressortleiter schicken, dann ist dieser Punkt direkt erledigt. Aber wenn die Vereine sich direkt an den Ressortleiter wenden – und da ist der Verfahren leider nicht präzise beschrieben – dann muss diese Zustimmung erst noch eingeholt werden. Und das dauert teilweise mehrere Wochen.
Nächster Punkt ist die Zustimmung des jeweiligen Bundestrainers, d.h. Cheftrainer für Anträge aus dem Bereich Leistungsklasse/U23 bzw. Junioren-Bundestrainer für die Junioren. Die Bundestrainer haben natürlich auch noch andere Dinge zu tun und so wird hier teilweise die Abarbeitung der Anträge én bloc gewünscht; was andersherum auch heißt, dass man da teilweise etwas warten musst.
Schneller läuft hingegen die Abfrage bei den vier „beratenden Landesfachwarten“, einer aus jeder Gruppe (Nord, Süd, Ost und West). Hier gibt es auch fast immer komplette Zustimmung zu den Anträgen. Ich würde mir da manchmal eine kontroverse Diskussion zu den Anträgen wünschen.
Es gibt sicher berechtigte Gründe für derartige Anträge. Aber die Vereine sind auch immer sehr kreativ und erachten diese Anträge oftmals als Selbstverständlichkeit. Wenn ich zurückschaue – auch auf die Jahre 2005 – 2016, so bin ich der Meinung, dass folgende von den Vereinen genannten Gründe keine „außergewöhnlichen Umstände“ im Sinne der Wettkampfregeln sind:
- „Potential des Sportlers“, „er ist einer unserer erfolgsversprechenden Nachwuchsfahrer“, „sehr gute Leistungen im weiteren Saisonverlauf“
- „die Teilnahme wäre ein zusätzlicher Motivationsschub“
- „um Erfahrungen nach internationalen Wettkampf Modus zu ermöglichen“
- „für den Sportler wäre jede Möglichkeit zur Vorbereitung auf die DM wichtig“
- „die Trainingsleistungen und die daraus resultierenden signifikanten Leistungssteigerungen“
- „zweifelhafte Kampfrichterentscheidungen“, „Pech in der Bewertung“
Die Vereine vertreten bei diesen Anträgen immer ihren einzelnen Sportler. Das ist ihr gutes Recht und natürlich auch ihre Aufgabe. Der Ressortleiter auf der anderen Seite vertritt aber letztlich alle anderen Sportler – und eine Entscheidung muss man dann gegenüber allen anderen Sportlern guten Gewissens vertreten könnt. Ein „Sonderantrag“ ist kein „Selbstläufer“, sondern eine besondere Ausnahmeregelung.
Interessant ist es auch, die Leistungen der Sportler, für die Anträge gestellt wurden, im weiteren Verlauf zu beobachten. Es gibt da Sportler, bei denen die Leistungsentwicklung zeigt, dass der jeweilige Sonderantrag gerechtfertigt war. Es gibt aber auch Fälle, bei denen ein Sportler im Antrag vom Verein und vom Landesfachwart gelobt wurde („gute Entwicklung und Perspektive“), der dann aber den geforderten Leistungsnachweis deutlich verfehlt, der sich dann zwar bei der Gruppenmeisterschaft für den DC qualifiziert, der dann aber trotz Teilnahme an allen DC-Rennen den „Klassenerhalt“ nicht schafft. Wenn man solche Fälle sieht, dann wird man als Ressortleiter natürlich skeptisch.
Die Sonderanträge werden immer ein Streit-Thema bleiben – und meiner Meinung nach trägt die Komplexität des Regelwerks und die Vielzahl der Wege, wie man sich für den Deutschland-Cup etc. qualifizieren kann, ihren Teil dazu bei. Und man muss vielleicht auch mal die Grundsatzfrage stellen, ob die Teilnahme an den Qualifikationen für jeden Sportler erforderlich ist. Denn für den Deutschland-Cup, DC U18 oder die DM Schüler kann man sich über die Gruppenmeisterschaften qualifizieren. Da die DCs etc. erst danach stattfinden, gibt es auch keine Nachteile für die Sportler.
Was den Prozess bei den Sonderanträgen betrifft, so halte ich folgende Änderungen für sinnvoll:
- Anträge müssen über den LKV-Fachwart beim Ressortleiter eingereicht werden. Dadurch entfällt ggf. die Nachfrage beim LKV-Fachwart.
- Die Anträge müssen innerhalb einer gewissen Frist bzw. zu einem Stichtag eingereicht werden. Das erleichtert die (gesammelte) Bearbeitung der Anträge.